Sie befinden sich hier: Home / Blog / Finanzwelt / Was ist die kalte Progression?

Was ist die kalte Progression?

kalte progression

‘Kalte Progression’ – das ist ein Begriff, der in steuerlichen und wirtschaftlichen Diskussionen immer wieder auftaucht. Doch was bedeutet dieser Begriff eigentlich und wie wirkt er sich auf Steuerzahler aus? Diesen Fragen gehen wir in diesem Beitrag auf den Grund.

Was ist die kalte Progression?

Das Bundesfinanzministerium bezeichnet die kalte Progression als „eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn eine Gehaltserhöhung komplett durch die Inflation aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt“. Kurz gesagt: Obwohl das Gehalt steigt, hat man weniger Geld in der Tasche.

Doch wie kommt die kalte Progression genau zustande?

1. Löhne und Inflation

Arbeitgeber erhöhen häufig die Gehälter, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten durch Inflation auszugleichen. Allerdings verbessern diese Lohnsteigerungen nicht automatisch die Kaufkraft der Arbeitnehmer. Wenn die Inflation schneller steigt als die Löhne, hat man weniger Geld zur Verfügung.

2. Steuerklassen und progressives Steuersystem

Hinzu kommt, dass wir in Deutschland einen progressiven Steuersatz haben. Das bedeutet, dass Personen, die mehr verdienen, einen höheren Steuersatz haben als jene, die ein geringeres Einkommen haben. Dabei kann selbst eine kleine Gehaltserhöhung dazu führen, dass Sie in eine höhere Steuerklasse rutschen.

Beispiel: Wie wirkt sich die kalte Progression aus?

Doch schauen wir uns das anhand eines Beispiels an: Angenommen, Anna verdient 2022 ein Bruttoeinkommen von 40.000 Euro. Der Steuerfreibetrag betrug damals etwas mehr als 10.000 Euro, und der Steuersatz für Einkommen über diesem Betrag lag bei 30 %.

  • Einkommen: 40.000 Euro
  • Steuerfreibetrag: 10.000 Euro
  • Zu versteuerndes Einkommen: 40.000 – 10.000 = 30.000 Euro
  • Steuer: 30 % von 30.000 Euro = 9.000 Euro
  • Verfügbares Einkommen nach Steuern: 31.000 Euro

Im Jahr 2023 erhöht sich Annas Einkommen aufgrund der Inflation um 2.000 Euro auf 42.000 Euro. Die Inflation beträgt 5 %, der Steuerfreibetrag bleibt jedoch unverändert.

  • Zu versteuerndes Einkommen: 42.000 – 10.000 = 32.000 Euro
  • Steuer: 30 % von 32.000 Euro = 9.600 Euro
  • Verfügbares Einkommen nach Steuern: 42.000 – 9.600 = 32.400 Euro

Obwohl Annas Einkommen um 2.000 Euro gestiegen ist, bleibt ihr netto nur ein Plus von 1.400 Euro. Zudem hat die Inflation dazu geführt, dass die Preise gestiegen sind. Somit hat sie weniger Kaufkraft als vorher, auch wenn sie mehr Geld verdient.

Die Folgen der kalten Progression:

  • Geringere Kaufkraft: Arbeitnehmer*innen können sich von ihrem Geld weniger leisten.
  • Unzufriedenheit: Die kalte Progression führt zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit.
  • Dämpfung der Wirtschaft: Wenn die Verbraucher*innen weniger ausgeben, kann das die Wirtschaft bremsen.

Wer ist besonders betroffen?

Die kalte Progression trifft vor allem Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen.

  • Einkommen bis zum Grundfreibetrag (2024: 12.096 Euro) sind steuerfrei.
  • Bereits der erste Euro über dem Freibetrag wird mit 14 % besteuert.
  • Die Progressionskurve steigt bei mittlerem Einkommen steil an, während sie ab einem Jahreseinkommen von 66.761 Euro (2024) abflacht. Spitzenverdiener sind weniger betroffen, da ihre Steuersätze ab einem bestimmten Einkommen konstant bleiben.

Was würde passieren, wenn die kalte Progression nicht ausgeglichen würde?

Ohne einen Ausgleich der kalten Progression würden Steuerzahler real weniger Geld zur Verfügung haben, während der Staat seine Einnahmen steigert. Dies könnte nicht nur die wirtschaftliche Dynamik dämpfen, sondern auch das Vertrauen in die Fairness des Steuersystems gefährden. Daher ist ein regelmäßiger Ausgleich, wie zum Beispiel durch Anpassungen der Steuertarife an die Inflation, essenziell.Maßnahmen gegen die kalte Progression

1. Anpassung der Steuerfreibeträge

Regelmäßige Anpassungen der Freibeträge an die Inflation verhindern, dass inflationsbedingte Lohnsteigerungen zu höheren Steuerbelastungen führen.

Schauen wir uns den Steuersatz für das Jahr 2025 einmal an: 

zu versteuerndes Einkommen Grundsteuersatz
0 € – 12.084 € 0 %
12.085 € – 17.430 € 14 – 24 %
17.431 € – 68.340 € 24 – 42 %
68.431 € – 277.825 € 42 %
ab 277.826 € 45 %

2. Steuerentlastungen

Gezielte Maßnahmen wie Senkungen der Steuersätze oder Steuervergünstigungen mildern die Belastungen ab.

3. Steuerreformen

Umfassende Reformen könnten die Anfälligkeit für kalte Progression verringern.

4. Transparente Informationspolitik

Aufklärung der Öffentlichkeit über steuerliche Auswirkungen stärkt das Verständnis der Bürger.

Übersicht der Maßnahmen:

Jahr(e) Maßnahmen Details
2016 Regelmäßige Tarifänderungen Jährliche Anpassungen zur Milderung der kalten Progression.
2020 Inflationsausgleichsgesetz Sicherstellung, dass Lohnsteigerungen nicht durch Steuern aufgezehrt werden.
2022–2023 Energiepreisbremsen & Entlastungen Einmalzahlungen und Preisbremsen zur Entlastung der Bürger.
2025  Erhöhung des Grundfreibetrags

sowie des Kindergeldes

Anhebung auf 12.096 Euro zum Ausgleich der Inflation. Anhebung des Kindergeldes auf 255 Euro pro Monat.

Politische Herausforderungen

Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist jedoch nicht immer einfach. Sie erfordert politischen Willen und die Bereitschaft, auf potenzielle zusätzliche Steuereinnahmen zu verzichten. Außerdem gibt es Diskussionen darüber, wie die Entlastungen gerecht verteilt werden können – etwa, ob auch sehr hohe Einkommen von Anpassungen profitieren sollten. Oft sind politische Kompromisse notwendig, um die verschiedenen Interessen auszugleichen.

Aktuelle Lage in Deutschland

Die Ampelregierung hat zwischen 2021 und 2024 die kalte Progression für die meisten Haushalte vollständig ausgeglichen und für viele Haushalte sogar überkompensiert. Wenn man sowohl Steuern als auch Sozialabgaben und zudem die Zahlungen aus dem Kindergeld berücksichtigt, haben die meisten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland heute mindestens so viel Netto vom Brutto wie 2021 – einige sogar deutlich mehr.

Ausnahme sind dabei Familien mit Kindern im mittleren Einkommensbereich, bei denen eine unterproportionale Erhöhung des Kindergeldes und erhöhte Sozialabgaben das Nettogehalt so stark schmälern, dass ihnen von jedem verdienten Euro netto weniger bleibt als 2021. Dennoch bleibt die kalte Progression ein Thema, das regelmäßig auf der politischen Agenda steht.

Was bedeutet die ?

Die kalte Progression führt zu Ungerechtigkeit im Steuersystem und einer Verringerung der Konsum- und Investitionsbereitschaft, was negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Ökonomische und soziale Folgen umfassen eine Hemmung der Wirtschaft, soziale Spannungen und eine ungleiche Einkommensverteilung.

Automatische Inflationsanpassungen des Einkommensteuertarifs sind ein zentraler Ansatz zur Bekämpfung. Der ehemalige Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte, dass der Staat sich an den Auswirkungen der hohen Inflation nicht bereichern darf. Politische Maßnahmen und Reformen, wie das Steuerfortentwicklungsgesetz und Direktzahlungen, zielen darauf ab, die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten und die Kaufkraft zu erhalten.

Ich heiße Irini Diamanti und verbinde als SEO-Managerin bei der Hegner & Möller GmbH meine Leidenschaft aus SEO, Sprache und Finanzen. Zuvor sammelte ich Erfahrung im Journalismus und als Texterin. Dabei konnte ich meine Expertise in den Bereichen Politik, Sport, Medizin und Beauty vertiefen. In meiner Freizeit koche und backe ich leidenschaftlich gerne und genieße es, in spannende Bücher einzutauchen.

Kategorien