Sie befinden sich hier: Home / Blog / Finanzwelt / Digitaler Euro: EZB startet zweijährige Probephase

Digitaler Euro: EZB startet zweijährige Probephase

Digitaler Euro

Nun ist der Startschuss für den digitalen Euro als Bargeld 2.0 gefallen: In einer ausgiebigen Probephase untersucht die EZB die Alltagstauglichkeit einer eigenen digitalen Währung. Im Anschluss an den zwei Jahre dauernden Praxistest entscheidet die Notenbank, ob ein digitaler Euro künftig für alle verfügbar sein wird. Viele sehen darin einen längst überfälligen Schritt – andere melden Bedenken an. Soll der digitale Euro das Bargeld ersetzen oder soll es nur als Ergänzung dienen?

Digitales Bezahlen: EZB von mehreren Seiten unter Druck

Die Finanzwelt unterliegt einem rasanten technischen Wandel, bei Geldzahlungen wird das besonders deutlich. Mittlerweile nutzen viele Verbraucher moderne Bezahlsysteme wie PayPal und Sofortüberweisung. Diese Verfahren basieren auf gewöhnlichen Währungen wie dem Euro, entsprechend stellen sie für die EZB keine Gefahr dar. Anders sieht es mit Kryptowährungen wie dem Bitcoin aus. Bei diesen handelt es sich um Alternativen zum Euro, zum Dollar und Co. – Zentralbanken droht ein Kontrollverlust. Ein digitaler Euro soll dem entgegenwirken.

Die EZB sieht sich auch aufgrund der Initiativen anderer Notenbanken unter Druck. Erwähnung verdient vor allem China mit dem digitalen Yuan. Experten befürchten, dass internationale Unternehmen Finanztransaktionen zunehmend in chinesischer Währung abwickeln könnten. Private Konzerne wie Facebook arbeiten ebenfalls an digitalen Zahlungslösungen und greifen damit die klassischen Währungen an. Die EZB reagiert nun mit einer Gegenoffensive und versucht perspektivisch den E-Euro zu etablieren.

Bargeld 2.0: Unterschiede zwischen digitalem Euro und Kryptowährungen

Die Funktionsweise digitaler Währungen von offiziellen Notenbanken dürfte vielen unbekannt sein. Staatliche Digitalwährungen weichen in einigen Punkten deutlich von Kryptowährungen wie Bitcoins ab. Beim digitalen Euro behält die EZB die vollständige Kontrolle – wie bei Banknoten und Münzen entscheiden ausschließlich die Gremien der Zentralbank, welche Geldmenge die EZB ausgibt. Der Kurs des E-Euro ist mit dem Wert von Bargeld identisch. Die Stabilität ist damit gewährleistet und nicht mit den erheblichen Kursschwankungen von Bitcoins und Co. zu vergleichen.

Worin bestehen die Vorteile für Verbraucher?

Viele fragen sich aus nachvollziehbaren Gründen, warum sie den E-Euro als Bargeld 2.0 nutzen sollten. Laut einer Untersuchung der Deutschen Bundesbank bezweifeln über 50 % der befragten Haushalte einen ausreichenden Mehrwert. Aus der Sicht von Verbrauchern verhält es sich so: Inzwischen wählen sie aus vielfältigen bargeldlosen Bezahlweisen wie der Kartenzahlung und Google Pay sowie Apple Pay. Was spricht dann für eine zusätzliche digitale Währung der EZB?

Der Vorzug liegt darin, dass ein digitaler Euro bei der Abrechnung Bargeldzahlungen gleicht. Sämtliche Zahlungen mit Karten und Smartphones erfolgen über Bankkonten und Konten weiterer Dienstleister – jede Zahlung lässt sich exakt nachverfolgen. Beim digitalen Euro verfügen Nutzer dagegen über eine virtuelle Geldbörse, die sie jederzeit mit einer gewünschten Geldsumme füllen können. Mit einer App oder einem QR-Code übergeben sie Geldbeträge an der Ladenkasse, im Restaurant und an anderen Orten: Niemand registriert diese Zahlungen!

Ein digitaler Euro wäre leicht zu benutzen – das ist ein weiterer Vorteil. Diese drei Schritte genügen:

  • Einrichten einer virtuellen Geldbörse sowie eventuell einer App
  • Aufladen des Guthabens
  • Bezahlen mit einer App oder mit einem QR-Code

Viele Unternehmen befürworten eine Digitalwährung der EZB

In der Wirtschaft stößt ein digitaler Euro auf große Gegenliebe. Vertreter von Wirtschaftsverbänden und einzelnen Konzernen plädieren seit einigen Jahren für eine digitale Offensive der EZB. Sie erhoffen sich schnelle und kostengünstige Zahlungsabwicklungen. Normale Überweisungen sind aufwendig, dauern lange und kosten viel – ein digitaler Euro würde Abhilfe schaffen. Digitale Währungen von Notenbanken ermöglichen automatisierte Transaktionen zwischen Computersystemen, Geldbeträge gehen sofort beim Empfänger ein. Für Unternehmen würde Bargeld 2.0 ein immenser Effizienzgewinn bedeuten. Kryptowährungen sind für Firmen aufgrund der unberechenbaren Kursbewegungen und der fehlenden Akzeptanz keine Alternative – sie benötigen die Stabilität von großen Währungen wie dem Euro und dem Dollar.

So reagieren Banken und Datenschützer auf das EZB-Vorhaben

Die Bankenbranche äußert sich zur Initiative der Europäischen Zentralbank zurückhaltend bis skeptisch. Der Grund liegt auf der Hand: Geschäftsbanken befürchten einen Bedeutungs- und Umsatzverlust. Im schlimmsten Fall sind sie beim digitalen Euro außen vor: Private und gewerbliche Kunden versorgen sich direkt bei der EZB mit dem E-Euro und bezahlen anschließend, ohne dass ihre Hausbank involviert ist. Ein gigantischer Abfluss von Kontoguthaben wäre die Folge. Bankenvertreter drängen deshalb darauf, dass sie beim E-Euro eine zentrale Rolle spielen. Sie wollen die digitale Währung wie das Bargeld an die Kunden ausgeben und so einen Verlust von Fremdkapital und Gebühren verhindern.

Europäische Datenschützer begleiten das EZB-Projekt währenddessen kritisch. Grundsätzlich halten sie die Technik für begrüßenswert, weil sie anonymes Bezahlen ermöglicht. Eine virtuelle Geldbörse und eine entsprechende App erlauben Transaktionen ohne Übermittlung persönlicher Daten. Im Vergleich zu anderen Bezahlverfahren wie Kreditkartenzahlungen wäre das ein Pluspunkt. Es steht aber in den Sternen, ob es tatsächlich so kommt. Aufgrund der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung könnte sich die EZB gegen anonyme Zahlungen entscheiden. Verantwortliche der Zentralbank teilen nur mit, dass sie diese wichtige Frage diskutieren.

Digitaler Euro der EZB: konkrete Zukunft noch ungewiss

Bisher handelt es sich beim digitalen Euro um eine Testphase. Der enorme Handlungsdruck spricht aber dafür, dass die EZB ihn in zwei Jahren einführt. Viele Fragen sind jedoch ungeklärt:

  • Wer gibt die Währung aus? Die EZB oder Geschäftsbanken?
  • Wird es eine Obergrenze für die virtuelle Geldbörse geben?
  • Wie handhabt die EZB persönliche Daten?

Der digitale Euro soll als Ergänzung zum Bargeld eingeführt werden und diesen nicht ersetzen. Der digitale Euro soll eine europäische Alternative zu Kryptowährungen wie z.B. Bitcoin dar. Angesichts der vielfältigen Zahlungsoptionen kann auch niemand vorhersagen, ob ein digitaler Euro auf die Akzeptanz der Verbraucher trifft.

Mein Name ist Lutz Hegner. Seit 1991 bin ich als Geschäftsführer der Hegner & Möller GmbH täglich mit dem Thema FINANZEN beschäftigt und habe so das Glück, Interesse und Beruf verbinden zu können. Auf dem creditSUN Blog gebe ich gerne meine Expertise weiter und stehe als für Fragen im Bereich Finanzen gerne zur Verfügung.

Kategorien