Auswirkungen einer Staatspleite? – Kann ein Staat pleitegehen?
Aktuell ist in den Medien davon die Rede, dass Russland durch den Ukraine-Konflikt Pleite geht. Aber was würde es für das Land bedeuten? Kann der Staat tatsächlich pleitegehen? Anders als bei Unternehmensinsolvenzen ist der Staat besser abgesichert, z.B. durch Steuergelder. An der Höhe der Schulden lässt es sich nicht festmachen, denn dann wäre Japan mit seiner Schuldenquote von 200 % schon längst insolvent. Ob eine Staatspleite vorliegt, entscheiden die Finanzmärkte. Dies wird beispielsweise an der aktuellen Situation in Russland deutlich: Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit des Landes auf Stufe C herabgewertet. Gab es in der Geschichte bereits Staatspleiten und welche Auswirkungen hatte es auf die Wirtschaft gehabt?
Kann ein Staat wirklich pleitegehen?
Es kommt nicht selten vor, dass ein Staat mehr Geld ausgibt, als er durch Steuern und Abgaben einnehmen kann. In diesem Fall muss er sich Geld leihen, wobei er Kredite im In- oder Ausland aufnimmt. Je besser die Bonität, desto niedriger sind die Zinsen. Nun kann es dazu kommen, dass der Staat seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann. Die Geldgeber verlangen in diesem Fall höhere Zinsen, womit der Staat in einen Schuldensog gerät. Nach wie vor ist es das Vertrauen der Finanzmärkte, das bestimmt, ob ein Staat pleite ist oder nicht. Im Regelfall verhandelt der betroffene Staat mit seinen Gläubigern eine Erleichterung der Schuldenlast. Somit ist der Staatsbankrott eine politisch motivierte Entscheidung. Dies ist der Grund, warum hoch verschuldeten Staaten wie Japan, den USA oder China kein Staatsbankrott droht.
Sanktionen gegen Russland könnten zum Staatsbankrott führen
Die aktuellen Sanktionen gegen Russland haben die Bonität des Landes endgültig untergraben. Vor allem die Einschränkungen im Energiehandel, zu denen auch das US-Importverbot für Erdöl und Gas zählt, geben Grund zur Sorge. Es wird befürchtet, Russland könne eine selektive Nichtbezahlung seiner Schulden anstreben. Derzeit hat Russland Staatsanleihen in der Höhe von 49 Milliarden Dollar. Bereits am 16. März müsste das Land Zinszahlungen in der Höhe von rund 100 Millionen Dollar leisten. Es könnte jedoch aufgrund der Sanktionen zu einem technischen Ausfall kommen. Dennoch würde das Land auch dann nicht pleitegehen.
Welche Folgen hätte eine Staatspleite?
Nicht von ungefähr lässt die aktuelle Situation Erinnerungen an Russlands Staatspleite von 1998 wachwerden. Allerdings gibt es 2022 Unterschiede zur damaligen Lage: 1998 verfügte Russland über eine überaus hohe Staatsverschuldung und magere Reserven. Heute ist dies nicht mehr der Fall, denn die russische Zentralbank besitzt Reserven von rund 640 Milliarden Dollar. Wegen der Sanktionen ist der Zugriff auf diese Devisenreserven jedoch eingeschränkt. Somit ist die Situation derzeit paradox: Eigentlich könnte Russland seine Schulden begleichen, die Gläubiger würden jedoch nicht an ihr Geld kommen. Die Folgen einer Staatspleite sind der totale wirtschaftliche Kollaps sowie ein extremer Vertrauensverlust auf den Finanzmärkten. Experten halten einen Staatsbankrott in den folgenden Monaten für sehr wahrscheinlich.
Gab es in der Vergangenheit Staatspleiten?
In der Geschichte hat es immer wieder Staatspleiten gegeben. Die erste Staatsinsolvenz wurde durch den Hundertjährigen Krieg verursacht. 1345 weigerte sich der englische König Eduard III., seine Schulden bei den florentinischen Bankiers zu begleichen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland bankrott. Die Wirtschaft lag lahm, die Währung zerfiel drei Jahre lang. 1948 erfolgte eine Währungsreform. Im Rahmen des Londoner Schuldenabkommens konnte Deutschland 1953 einen beträchtlichen Schuldennachlass erreichen. Die Schulden wurden um mehr als die Hälfte reduziert, wobei die Vereinigten Staaten auf ihre Rückzahlungen verzichteten.
2010 erwischte es auch Griechenland. Die Ursache für die Staatspleite war eine nicht nachhaltige Fiskalpolitik. Da das Land Teil der Eurozone ist, wirkte sich die Schuldenkrise auch auf andere Euro-Länder negativ aus. Die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds halfen Griechenland mit Hilfspaketen aus der prekären Lage. Das Land musste sparen, indem es Renten absenkte und Löhne sparte. Bis heute hat sich Griechenland nicht von seinen Schulden befreit.
Eine Staatspleite hat große wirtschaftliche Folgen
Eine Staatspleite ist mit verheerenden Folgen verbunden. Dabei ist nicht allein der verschuldete Staat betroffen. Gerade in der heutigen globalen Wirtschaft ist die Reichweite eines Staatsbankrotts besonders groß. Eine Insolvenz löst eine Kettenreaktion aus, die zum Zusammenbruch der Wirtschaft und somit zur Inflation führen kann. Je präsenter der von der Inflation betroffene Staat auf dem Finanzmarkt ist, desto tiefschürfender würden auch die Folgen einer Insolvenz sein. Im Falle einer Staatspleite der USA würden auch andere Staaten eine Zahlungsunfähigkeit erklären müssen. Sollte Russland pleitegehen, müsste man sich jedoch keine Sorgen um das Bankensystem machen. Russlands Rolle auf dem globalen Finanzmarkt ist viel zu gering, außerdem haben nur wenige westliche Banken russische Anleihen in ihrem Portfolio.
Ich heiße Martina Lange und schreibe mit Vorliebe journalistische Texte rund um die Themen Finanzen und Medizin. Außerdem liebe ich es, Fachartikel jeglicher Art zu schreiben. Ich finde mich in beinahe jedes Thema ein und freue mich immer, wenn ich nach der Fertigstellung eines Textes über noch mehr Wissen verfüge. Als freiberufliche Autorin schreibe ich leidenschaftlich gern für creditSUN.