Erbe ausschlagen oder annehmen? – Was Sie vor Ihrer Entscheidung unbedingt wissen sollten!
Oftmals kommt eine Erbschaft unerwartet, sodass viele von uns nicht darauf vorbereitet sind. Ob Sie das Erbe ausschlagen oder annehmen sollten, kann eine sehr wichtige Entscheidung sein. Eine Erbschaft bedeutet nicht zwangsläufig einen Vermögenszuwachs. Vielmehr erben Sie neben dem Eigentum auch sämtliche damit verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten wie z. B. etwaige Schulden des Erblassers, sofern welche vorhanden sind. Selbst eine geerbte Immobilie kann so belastet sein, dass es Sinn macht, die gesamte Erbschaft auszuschlagen. Was passiert, wenn Sie das Erbe ausschlagen?
Wann sollten Sie die Erbschaft verweigern?
Ihre Entscheidung, ob Sie ein Erbe ausschlagen oder annehmen sollten, richtet sich hauptsächlich danach, woraus das Erbe besteht. Natürlich gibt es für manche Menschen auch ethische oder emotionale Gründe, ein Erbe anzutreten, unabhängig von etwaigen Schulden. Jedoch kann so eine Entscheidung im schlimmsten Fall die Existenz der Erben bedrohen. Insbesondere, wenn die Erbmasse unübersichtlich ist, hohe Schulden im Raum stehen und die Erben nicht realistisch einschätzen können, was die Annahme der Erbschaft für sie bedeutet. Für geerbte Schulden haften die Erben nämlich mit ihrem gesamten Privatvermögen und nicht nur mit dem Nachlassvermögen.
Gut zu wissen: Es gibt eine Möglichkeit die Haftung nur auf das Nachlassvermögen zu beschränken. Allerdings muss der Erbe hier selber aktiv werden und einen sogenannten Antrag auf Nachlassverwaltung stellen.
Grundvoraussetzung ist die Vermögensaufstellung
Für die Entscheidung, ob Sie das Erbe ausschlagen oder annehmen wollen, müssen Sie sich zunächst einen Überblick über den Nachlass verschaffen. Hierzu wird eine Vermögensaufstellung des gesamten Erbes gemacht, wofür die Erben selbst verantwortlich sind. Es werden Bankguthaben, Sparguthaben, Lebensversicherungen, PKWs, Antiquitäten, Schmuck, Münzsammlungen sowie Immobilien- und Grundbesitz zusammengerechnet und davon sämtliche Verbindlichkeiten wie z. B. eine Immobilienfinanzierung abgezogen. Mit diesem Überblick wissen Sie genau, was auf Sie zukommt, wenn Sie die Erbschaft annehmen.
Neben den geerbten Schulden kann es auch zu weiteren „versteckten“ Kosten kommen. Bevor Sie das Erbe ausschlagen oder annehmen, sollten Sie diese Kosten im Blick haben:
- Erbschaftssteuer
- Grundsteuer bei Immobilien
- Anstehende Sanierungskosten bei Immobilien
- Eventuelle Mietkosten bei angemieteten Objekten, bis diese gekündigt werden
- Kosten für eine Entrümpelung oder eine Firmenauflösung
- Ausstehende Löhne bei einer geerbten Firma
- Kosten für Erbschein, eidesstattliche Versicherung und andere behördliche Schreiben
- Kosten einer Grundbuchumschreibung
Erben nur zum Teil nicht möglich
Nachdem Sie die einzelnen Posten des Nachlasses nun kennen, müssen Sie entscheiden, was die Erbschaft für Konsequenzen hat. Wichtig dabei ist, das die Erbschaft nur komplett als Ganzes möglich ist. Sie können nicht einen Teil der Erbschaft annehmen und den Rest ausschlagen. Wenn Sie das Bankguthaben erben wollen, müssen Sie auch das sanierungsbedürftige Haus mit hoher Restschuld annehmen. Schwierig wird es hier, wenn zum Erbe geliebte Gemälde oder wertvoller Familienschmuck zählen. Auch diese dürfen Sie nicht an sich nehmen, wenn Sie die Erbschaft ausschlagen wollen. Hier müssen Sie aufpassen, da dies als Annahme der Erbschaft interpretiert werden kann und ein Ausschlagen dann eventuell nicht mehr möglich ist. Sofern Sie auch nur einen Erbschaftsgegenstand zum Kauf anbieten, gilt dies als Annahme der Erbschaft.
Vorsicht beim Erbschein
Auch das Beantragen eines Erbscheins zählt als Annahme der Erbschaft. Sofern Sie sich einen Überblick über die Konten des Erblassers verschaffen wollen, brauchen Sie dazu eine Berechtigung. Manche Banken verlangen hier einen Erbschein als Nachweis, dass Sie Erbe sind, obwohl es laut Bundesgerichtshof ausreicht, seine Erbenstellung mit Sterbeurkunde und Stammbuch nachzuweisen. Klären Sie die Bank darüber auf, dass Sie die Konten nicht in der Erbenstellung einsehen wollen, sondern, um zu entscheiden, ob Sie das Erbe ausschlagen oder annehmen wollen.
Frist zum Ausschlagen der Erbschaft beachten
Nach Kenntnisnahme vom Todesfall haben Sie sechs Wochen Zeit, um die Erbschaft auszuschlagen. Versäumen Sie diese Frist, gilt das Erbe automatisch als angenommen. Die Frist beginnt in dem Moment, in welchem Sie von der Erbschaft erfahren. Eine Benachrichtigung vom Nachlassgericht erhalten Sie nur, wenn es ein Testament gibt oder jemand anderes die Erbschaft bereits ausgeschlagen hat.
Sie können die Erbschaft persönlich oder schriftlich beim Nachlassgericht ausschlagen, wobei für die Schriftform eine notarielle Beurkundung notwendig ist. Ein einfacher Brief reicht hier nicht aus.
Möglicherweise benötigen Sie die komplette Frist für Ihre Entscheidung, ob Sie das Erbe ausschlagen oder annehmen wollen. Gleichzeitig aber möchten Sie weitere Kosten vermeiden und kündigen deshalb eine Wohnung oder Versicherungen. Vorsicht! Auch mit diesen Handlungen geben Sie sich als Erbe aus. Deshalb sollten Sie zeitnah eine Entscheidung treffen.
Was passiert bei Ablehnung der Erbschaft?
Wenn Sie die Erbschaft ausschlagen, fallen Sie aus der Erbfolge heraus, als würden Sie nicht existieren. Die gesetzliche Erbfolge oder ein etwaiges Testament bestimmen nun, was mit dem Erbe geschieht. Entweder übernimmt ein anderer Erbe oder mehrere die Erbschaft, oder, wenn alle das Erbe ausschlagen, geht es an den Staat. Dieser versucht dann, das Vermögen zu verwerten und die Schulden davon zu bezahlen. Der Staat ist für den Rest der Schulden jedoch nicht haftbar.
Erbschaft lohnt sich nicht immer
Sofern Sie ein hohes Vermögen erben, beschäftigen Sie sich vermutlich nicht mit der Frage, ob Sie das Erbe ausschlagen oder annehmen sollen. Sind jedoch hohe Schulden mit der Erbschaft verbunden, ist es sinnvoll, das Ausschlagen des Erbes innerhalb der Sechs-Wochen-Frist in Betracht zu ziehen. Sicherheit gibt Ihnen die Vermögensaufstellung. Eine Haftungsbeschränkung auf das Nachlassvermögen ist nur auf Antrag möglich, was Sie unbedingt machen sollten. Ansonsten würden Sie auch mit ihrem gesamten Vermögen für die Schulden aufkommen. Es ist daher sehr wichtig, sich vorher nochmal beraten zu lassen, um große Fehler zu vermeiden.
Ich heiße Quang Lam und arbeite bei der Hegner & Möller GmbH als Marketing Director. Ich interessiere mich sehr stark für die Themen Finanzen und Sport. In meiner Freizeit gehe ich gerne laufen und betreibe auch einen Laufblog. Ich schreibe für den creditSUN Blog nur über die Themen, die mich auch wirklich interessieren.