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Droht uns 2021 eine Flut von Firmeninsolvenzen durch Corona?

Beitrag wurde aktualisiert am 25.01.2024
Firmeninsolvenzen durch Corona

Die Corona-Pandemie macht vielen Branchen wie dem Einzelhandel und der Gastronomie schwer zu schaffen. Dennoch gab es bisher wenige Firmeninsolvenzen durch Corona. Das liegt an der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und an den staatlichen Hilfen, beides verhindert momentan eine Pleitewelle durch die Corona-Pandemie. Aber was geschieht nach der Corona-Krise? Die Kritik an den Maßnahmen wächst, Experten befürchten ökonomische Gefahren durch Zombie-Unternehmen. Wie sind die Prognosen für Unternehmen im nächsten Jahr?

Anzahl an Unternehmensinsolvenzen trotz Corona in diesem Jahr auf einem Tiefstand

Viele Unternehmen leiden massiv unter der Ausbreitung des Coronavirus und den staatlichen Gegenmaßnahmen. Im Frühjahr mussten im ersten Lockdown viele Geschäfte wie Einzelhändler schließen, sie erzielten mehrere Wochen lang keine Umsätze. Die rasant ansteigenden Infektionszahlen im Dezember führen nun im wichtigen Weihnachtsgeschäft zum Super-GAU: Die Bundesregierung und die Landesregierungen sahen sich gezwungen, einen erneuten harten Lockdown vom 16. Dezember bis zum 10. Januar zu beschließen. Einige Branchen wie den Tourismus und die Gastronomie betrifft die Corona-Krise besonders schlimm. Der Tourismus leidet unter Reisebeschränkungen, gastronomische Betriebe mussten durch den „Lockdown Light“ bereits im Herbst schließen. Unter normalen Umständen hätte es längst zahlreiche Firmeninsolvenzen durch Corona gegeben. Bisher ist das dank staatlicher Eingriffe nicht geschehen. Die Anzahl an Regelinsolvenzen sinkt 2020 im Vergleich zu 2019 sogar: Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet im Gesamtjahr mit ca. 16.300 Fälle, das wäre der niedrigste Stand seit der Einführung der Insolvenzordnung (InsO) im Jahr 1999. 2019 verzeichnete man noch 18.830 Firmeninsolvenzen.1

Im Jahr 2021 ist die Anzahl der Firmeninsolvenzen – trotz der Corona-Krise und des Hochwassers – runtergegangen. Dies hängt unter anderem mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zusammen. Und obwohl die Anzahl der Firmeninsolvenzen im Jahr 2022 wieder gestiegen sind, liegen diese dennoch unter den Werten vor der Corona-Krise.

Liberale Regelungen bei der Insolvenzantragspflicht

Im März hat der Gesetzgeber beschlossen, die Insolvenzantragspflicht rückwirkend zum 01. März 2020 auszusetzen. Gewöhnlich müssen Unternehmen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung innerhalb von drei Wochen Regelinsolvenz beantragen, ansonsten haften die Verantwortlichen persönlich und verstoßen gegebenenfalls gegen den entsprechenden Straftatbestand. Bis Ende September gab es diese Antragspflicht nicht, sofern die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruhte. Angesichts des anhaltenden Infektionsgeschehens entschied sich der Gesetzgeber zu einer Verlängerung, zuerst bis zum Jahresende und nun bis zum 31. Januar 2021. Die letzte Verlängerung begründen Politiker der Regierungskoalition explizit mit den Soforthilfen für November und Dezember, welche die Finanzbehörden größtenteils erst 2021 ausbezahlen.

Ausschließlich die Überschuldung befreit von der Insolvenzantragspflicht

Insbesondere die Regelung bis Ende September hat die Anzahl an Insolvenzen stark reduziert. Seit Oktober gilt jedoch eine restriktivere Bestimmung. Ausschließlich eine Überschuldung durch die Corona-Pandemie befreit von der Antragspflicht, die Zahlungsunfähigkeit ist kein ausreichender Grund mehr. Die Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) weisen darauf hin, dass das nur eine Minderheit der Unternehmen betrifft. Ihrer Meinung nach hat die seit Oktober gültige Ausnahmeregelung fast keine Auswirkung auf die Anzahl der Firmeninsolvenzen durch Corona. Sie betrachten die staatlichen Wirtschaftshilfen als bedeutenderen Faktor für die geringe Zahl an Unternehmenspleiten.2

Staatliche Soforthilfen, Kredite und Kurzarbeitergeld erhalten Unternehmen am Leben

Der Staat unterstützt in Not geratene Unternehmen mit Soforthilfen umfangreich: Er sichert ihnen mit Zuschüssen und Krediten die Liquidität. Zudem bezahlt er Kurzarbeitergeld, was Firmen von Personalkosten entlastet. Beides trägt wesentlich dazu bei, dass Betriebe wie Einzelhändler und Reisebüros die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung meiden. Im November und Dezember erstattet der Staat gastronomischen Betrieben und anderen zum Beispiel einen Großteil des Umsatzes. Während des harten Lockdowns erhalten alle betroffenen Unternehmen wie Einzelhändler und Friseure zumindest ihre Fixkosten ersetzt. Diese Unterstützungsgelder bezeichnen viele Wirtschaftswissenschaftler als wichtigsten Faktor für die bisher niedrige Anzahl an Firmeninsolvenzen durch Corona.

Experten kritisch: Welchen Schaden können Zombie-Unternehmen anrichten?

Ob ausgesetzte und seit Oktober aufgeweichte Insolvenzantragspflicht oder staatliche Hilfen: Beide Maßnahmen können dazu führen, dass sogenannte Zombie-Firmen entstehen. Unter diesen Begriff fallen sämtliche Unternehmen, die unter normalen Bedingungen längst pleite wären. Entweder schützen die Änderungen bei der Insolvenzantragspflicht oder die teilweise großzügig ausgeschütteten staatlichen Finanzmittel vor einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Zunehmend mehr Experten betrachten diese Entwicklung als risikoreich. Die gewöhnlichen Mechanismen des Marktes sorgen dafür, dass unwirtschaftliche Firmen rechtzeitig vom Markt verschwinden. Das bewahrt Geschäftspartner wie Lieferanten, Kunden und Banken vor zu großen Zahlungsausfällen. Dieser Mechanismus ist aktuell weitgehend außer Kraft gesetzt, bald könnte Ungemach drohen: Zombie-Unternehmen werden irgendwann ihren Zahlungs- und Lieferverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, das kann im schlimmsten Fall gesunde Betriebe in den Abgrund reißen.

Kommt es nächstes Jahr zu Kreditausfällen bei Unternehmen?

Die niedrige Zahl an Firmeninsolvenzen durch Corona könnte insbesondere für Banken eine Herausforderung darstellen. Bisher verzeichnen Kreditgeber kaum Kreditausfälle, viele Geschäftskunden konnten ihre Raten mit den staatlichen Hilfsgeldern bezahlen. Bleiben diese Zahlungen aus, müssen Unternehmen die Kreditraten wieder aus eigenen Mitteln finanzieren. Viele Beobachter sagen voraus, dass es dann zu Kreditausfällen und verzögerten Firmeninsolvenzen durch Corona kommt.

Einige Firmeninsolvenzen durch Corona unvermeidbar: Ausmaß ist aber unklar

Ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen nach dem Auslaufen der abgeschwächten Insolvenzantragspflicht und der staatlichen Hilfen ist unumgänglich, da sind sich alle Experten einig. Steigt die Anzahl der Pleiten aber moderat an oder droht eine Insolvenzwelle durch die Corona-Pandemie? Beim Ausmaß weichen die Prognosen ab. Die Auskunftei Creditreform sagt für das nächste Jahr rund 24.000 Firmeninsolvenzen durch Corona voraus. Das wäre ein deutlicher Anstieg, aber keine immense Pleitewelle. Es gibt bei diesen Prognosen Unsicherheiten. So fragt sich, wie es nach dem harten Lockdown am 10. Januar weitergeht. Wenn die Bundesregierung und die Landesregierungen die strengen Beschränkungen verlängern, steigt die Insolvenzgefahr für viele Unternehmen. Fraglich ist auch, inwieweit der Staat angeschlagene Betriebe künftig unterstützt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Menschen verhalten und welche Maßnahmen die Politik treffen muss, um den Coronavirus einzudämmen. Das kann natürlich auch zu Lasten der Unternehmen sein.

1 Creditreform zu „Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2020“ (Stand: 08.12.2020)
2 Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle zu „Insolvenzzahlen steigen leicht, aber keine Insolvenzwelle trotz Rückkehr zur Antragspflicht“ (Stand: 05.11.2020)

Mein Name ist Lutz Hegner. Seit 1991 bin ich als Geschäftsführer der Hegner & Möller GmbH täglich mit dem Thema FINANZEN beschäftigt und habe so das Glück, Interesse und Beruf verbinden zu können. Auf dem creditSUN Blog gebe ich gerne meine Expertise weiter und stehe als für Fragen im Bereich Finanzen gerne zur Verfügung.

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